Tag 16 - 18 - Schoenheit und Schrecken so nah bei einander

Posted by Administrator on October 20, 2005 from Nagasaki | 13 Minute Read

Nach dem 3-taegigen Aufenthalt in Osaka ging es in der Frueh des 16ten Tages Richtung Hiroshima. Die Rush-Hour von Osaka ist zwar nicht so schlimm, wie in Tokyo, doch das Gedraenge war nicht zu unterschaetzen.

Bevor wir in Hiroshima ankamen, legten wir aber einen Stopp in Himeji, einer relativ kleinen Stadt auf der Haelfte des Weges, ein. Der Grund hierfuer war das beruehmte Castle von Himeji und zum ersten Mal erhielten wir eine englischsprachige Fuehrung durch eine historische Sehenswuerdigkeit. Die Fuehrung war aeusserst spannend und informativ und brachte einige interessante Details ans Tageslicht.

Zum Beispiel war das Castle mit etlichen Fallen ausgestattet und machte sich einige psychologische Tricks zu Nutze, um Feinde in die Irre zu fuehren. Darueber hinaus bestehen die Mauern zum Teil aus alten Grabkammern und Fische an den Daechern sollen vor einem Feuer schuetzen. Das Castle blieb im 2ten Weltrkieg trotz starker Bombardierung der Stadt unbeschaedigt und auch Taifun und Erdbeben konnten dem Castle nichts antun. Das Castle ist sehr beeindruckend und von ganz oben hat man eine praechtige Aussicht. Es diente auch als Schauplatz fuer einige Filme, darunter James Bond “You only live twice” und the “Last Samurai”. Nach dem Besuch im Castle ging es weiter zum angrenzenden Garten, der recht nett war. Auf die Gefahr hin, dass wir euch wieder mit Gartenfotos langweilen werden, hier einige Eindruecke:

Nach dem Mittagessen ging es dann schliesslich nach Hiroshima, wo wir wieder erkennen sollten, wie klein die Welt und letztlich auch Japan ist. In der Stadt trafen wir naemlich einen jungen Schweden, den wir vor ueber einer Woche zufaellig in Nikko (tausende km von Hiroshima) in der Jugendherberge kennen gelernt hatten. Nach dem kurzen Smalltalk suchten wir dann ein Restaurant fuer das Abendessen und wurden auch fuendig. Es gab wieder Palatschinken mit diversen Toppings, diesmal direkt auf der Kochplatte.

Die heutige Nacht sollten wir wieder in einem traditionellen Ryokan, geleitet von einer vitalen alten Dame, die in Yoda Manier akrobatische Einlagen hinlegte, uebernachten. Interssanterweise hatte das Ryokan eine sehr futoristische Klobrille mit vielen bunten Knoepfen (automatische Dusche, etc). Leider blieben uns deren Funktionen zum Teil verborgen.

Im Quartier gaben wir uns das japanische Fernsehen. Besonders interessant war der Bericht ueber den Taifun, der zum Glueck Japan nicht treffen sollte und die Diskussion ueber den Besuch von Koizumi bei dem umstrittenen Schrein in Tokyo.

Da wir schon muede waren und das japanische Fernsehen doch nicht so spannend war, gingen wir relativ frueh schlafen.

Am naechsten Morgen stand Hiroshima am Programm. Viel muss ueber Hiroshima nicht erzaehlt werden. Ihre tragische Geschichte ist wohl allen bekannt. Nachdem wir uns den A-Bomb Dome, die verschiedenen Denkmaeler im Peace Park und die Friedensflamme angesehen hatten, statteten wir auch dem Friedensmuseum einen Besuch ab.

Am 6ten August 1945 um genau 08:15 explodierte die erste Atombombe 580 Meter ueber dem Boden ca. 160 Meter vom A-Bomb Dome entfernt. Die Bombe hatte eine Sprengkraft von 16.000 Tonnen TNT. Die Temperatur im Zentrum betrug ca. 1 Million Grad und waehrend sich die Druckwelle und Hizewelle ausbreiteten ca. 3000-4000 Grad. Gebaeude und Menschen in einem Radius von 2km Entfernung verbrannten. Ca. 80.000 Menschen starben als direkte Folge der Explosion und weitere 60.000 als Folge der Strahlung. Das Museum rueckte die unglaubliche Zerstoerungsgewalt derartiger Bomben, die heutzutage 3.500 fach staerker als die Hiroshima Bombe sind, ins Bewusstsein. In diesem Licht erscheinen die Ueberlegungen mancher Politiker begrenzt Nuklearwaffen einzusetzen, als Schlag in das Gesicht der Opfer. Alles in allem zeigte das Museum ziemlich bewegende und schockierende Bilder und Einzelschicksale. Beeindruckend und gleichsam schockierend war die Austellung der Protestschreiben, die der Buergermeister von Hiroshima anlaesslich jedes Atombombentests verfasste und auch weiterhin schreibt.

(der rote Punkt im ersten Bild markiert den Feuerball der Explosion) Nach dem Schrecken aber zurueck zu etwas Schoenem, denn nach dem Besuch in Peace Park und im Mueseum machten wir uns auf den Weg nach Miyajima, einem Schrein, dessen Tor im Wasser wohl zu den bekanntesten Sehenswuerdigkeiten von Japan gehoert. Es liegt am Fusse des Bergs Misen. Gegen 3 Uhr erreichten wir die Insel mit der Faehre, auf dem der Schrein und das Tor liegen.

Abhaengig von den Gezeiten liegt das Tor im Wasser oder nicht und nachdem es bei unserer Ankuft noch nicht im Wasser lag, entschlossen wir uns, mit der Gondel auf den Berg Misen zu fahren, von wo man eine gute Aussicht auf das Inland Meer hat.

Oben angekommen kamen wir uns aber eher vor wie im Film “Planet der Affen”, bzw. sahen wir uns der Armee der Twelve Monkeys gegenueber. Eine Gruppe von wilden Affen hielt sich in der Umgebung der Bergstation auf (letztes Bild ist ein Video. In der Gallery sind noch mehr kurze Videoaufnahmen von der Armee der 12 Monkeys).

Nachdem wir eine zeitlang Feldforschung betrieben hatten und sich der Abend naeherte fuhren wir wieder runter zum Tor und diesmal sorgte die Flut dafuer, dass das Tor im Wasser stand. Mit der untergehenden Sonne im Hintergrund sah das Ganze ziemlich idyllisch aus.

Auf der Insel lernten wir auch eine Brasilianerin, Agnes, mit japanischen Wurzeln kennen. Sie erzaehlte uns von ihrer bevorstehenden 6 monatigen Reise durch Suedostasien und wir von unserer Weltreise.

So verging auch die Zugfahrt zurueck nach Hiroshima wie im Flug.

Der Anschlusszug brachte uns dann nach Nagasaki, wo wir leider wieder etwas Pech mit unserem Quartier hatten, da dieses keinen Checkin nach 10 Uhr erlaubte.

Also beschlossen wir, die Nacht durchzumachen und am naechsten Tag gleich in der Frueh die Stadt zu besichtigen, da wir noch am selben Tag bis nach Kagoshima kommen wollten.

Gleich in der Frueh nach Morgendaemmerung besuchten wir den Glover Garden. In diesem befanden sich eine Reihe von europaeischen Haeusern von Haendlern aus Europa, denen ab Mitte des 19. Jahrhunderts erlaubt wurde, in Nagasaki ihrem Gewerbe nachzugehen. Davor betrieb Japan eine Isolationspolitik und waehrend dieser Zeit war es nur mit besonderen Genehmigungen moeglich sich als Europaer in Japan niederzulassen (Hollaender, Chinesen, etc). Interessanterweise hatte der Park einige Rolltreppen ;-)

Danach besuchten wir unseren ersten chinesischen Schrein, der sich deutlich von den bisher gesehenen unterschied.

Weiter ging es mit dem wichtigsten chinesischen Schrein von Nagasaki, gefolgt von einem Spaziergang durch Chinatown hin zu der aeltesten Steinbruecke Japans (1643).

Nachdem wir weitere 3 Schreine/Tempel gesehen hatten, begaben wir uns zu einer Gedenkkirche fuer die ersten christlichen Maertyrer in Japan.

Ende des 16. Jahrhunderts, nach einer Rebellion der Christen in Japan, die sich gegen die damaligen Repressalien durch den Kaiser mit einem Aufstand gewehrt hatten, wurden 6 auslaendische Missionare und 20 japanische Christen an der Stelle der heutigen Kirche vom Shogunat gekreuzigt.

Nach diesem Ausflug in die Tokugawa-Shogunatszeit, ging es zurueck in die modernere Geschichte, naemlich zum Peace Memorial Park fuer die Atombombenopfer von Nagasaki.

Nach dem Besuch im angrenzenden Museum fuhren wir mit der Strassenbahn zum letzten Highlight, einer portugiesischen und hollaendischen Enklave (Dejima), in der - wie schon oben erwaehnt - auch waehrend der Isolation einige wenige Europaerer wohnen durften.

Gegen spaeten Nachmittag verliessen wir Nagasaki Richtung Kagoshima. Aehnlich wie in Nagasaki hatte die Jugendherberge eine sehr fruehe Checkin-Deadline (8 Uhr). Gegen 19 Uhr erreichten wir schliesslich Kagoshima, waren aber nicht in der Lage eine Wegbeschreibung zu erhalten, weder von den Passanten noch sonstwie. In unserer Verzweiflung gingen wir zu einer Police-Box (der ueblich Weg um eine Adresse in Japan zu finden), wo eine nette Polizistin bei der Jugendherberge anrief (wir kamen telefonisch nie durch). Daraufhin holte uns Besitzer von der Police-Box ab. Dieser war ein exzentrischer, etwas rundlicher Japaner mit Schnurrbart, der uns zur Jugendherberge (wo wir ganz allein waren) brachte.

Reiseroute (Osaka- Kagushima)

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12 Responses to "Tag 16 - 18 - Schoenheit und Schrecken so nah bei einander"

  • Administrator Administrator
    Im Moment sind wir auf Yakushima, einer mit Riesenbaeumen bewachsenen Insel, um dort zu hiken. Der Cyclone ist Richtung Tokyo abgedreht und wir werden ihn wohl nicht zu spueren bekommen...

    Uemit+Georg
  • Administrator Administrator
    haha, geniale affen-videos mit genialen kommentaren !! mehr davon! "der ganze berg ist voller affen", hehe - ümit, du solltest universum-sprecher im fernsehen werden :))

    lg, Stefan
  • uemit uemit
    Nachdem der Georg nix sagen wollte, musste ich mir kurzerhand was einfallen lassen ;-)
    Aber die Affen waren super. Einmal ist der Seilbahnstationsaufseher in die Huette gegangen, da sind auf einmal alle Affen raufgelaufen und wir waren umringt von Affen (ich mein jetzt die tiere ;-D). Da war uns etwas mulmig zumute. Einmal wollte so ein kreischender Affe den Georg anfallen, weil ich ein Gruppenfoto von beiden haben wollte, da war sowohl der Georg als auch der Affe boese auf mich ;-)
  • flow1000 flow1000
    Ich finde ümits kommentare auch sehr informativ.
  • chris chris
    An der Toilette merkt man mal wieder, die Japaner sind uns technologisch um Jahrzehnte voraus ;)

    hoffe, ihr habt immer noch spaß :)
  • marlis marlis
    mehr info über die vitale alte dame und ihre akrobatischen einlagen, bitte!!! gibt es da auch ein video??? :-D
    liebe grüße aus wien, paßt schön auf euch auf!
  • Administrator Administrator
    @marlis: leider nein. Das war naemlich so: Es ging um die Frage, wann wir wieder zurueckkommen wollten von unserer Stadtbesichtung und da wir uns aufgrund Sprachschwierigkeiten auf keine Uhrzeit verstandigen konnten, sprang sie vom Boden auf einen Couchsessel und zeigten auf eine Uhrzeit auf der Wanduhr.
    So oder aehnlich hat es sich zugetragen.

    Die Toiletten sind super! Vor allem der Knopf mit der Dusche ! ;-) und einen Foehn fuer den Hintern hat das Klo auch eingebaut, habe ich erst kuerzlich herausgefunden. So ich muss jetzt bald ins Bett, weil morgen muessen wir 8 Stunden wandern um einen 7000 Jahre alten Baum bestaunen zu koennen und daher muessen wir schon um 6:45 aufstehen ;-/

    Viel Spass mit dem Bericht.
  • Sirri Sirri
    eure Reise wird ja immer mehr interessanter und lustiger.Viel Spass noch in der letzte Woche in Japan !

    Soly
  • Administrator Administrator
    Nach 2 Tagen auf der Insel fahren wir heute fahren wir wieder zurueck aufs "Festland". Unser naechstes Ziel ist Fukuoka. Bericht ueber "Monkey Island" folgt in den naechsten Tagen ;-)
  • Clemens Clemens
    Nette Bilder. Ich freu mich immer über neue Einträge auf eurem Blog. Das ist eine angenehme Ablenkung für mich im Büro.
  • anoushe anoushe
    finded euere fotos so schön. wie schaut ein zen budistische tempel aus. gibt es in eure programm auch so eine besichtigung? viel spaß noch euch beiden
  • uemit uemit
    @Clemens: Danke. Wie ist es eigentlich so in New York? Darf man dich schon als eingefleischten New Yorker bezeichnen ;-) ? Aja, wie ist nochmal der Link zu deinem Blog?

    @Anoushe: Hmm das ist eine gute Frage. Das Witzige hier in Japan ist, dass verschiedene Stroemungen des Buddhismus einfach vermischt werden. Es gibt Shintoismus, Zen Buddhismus und andere Formen. Manchmal kennen sich die Japaner selbst nicht ganz aus, was was ist und vor welchem Tempel sie gerade stehen :-). Beispielsweise ist in der einen Stroemung die Zahl 4 und 8 sehr wichtig und in der anderen wird moeglichst vermieden, dass diese Zahlen in irgendeiner Form vorkommen (vergleichbar mit dem fehlenden 13ten Stock bei uns)

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